Paritätsgesetz für Bremen

Die Rot-Grün-Rote Koalition hat sich auf den Weg gemacht, ein Paritätsgesetz für das Land Bremen zu erstellen. Einen entsprechenden Antrag, der dieses Verfahren starten soll, hat die Bremische Bürgerschaft nun beschlosssen. Hierzu meine Rede:

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor nicht allzu langer Zeit haben wir das 100jährige Jubiläum der Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen in Deutschland gefeiert. 100 Jahre später verzeichnen wir hier im Hause einen Frauenanteil von knapp unter 40%.

Damit belegen wir den immerhin zweitbesten Platz im Vergleich der Bundesländer. Dabei sind unsere Zahlen keine nur gute Nachricht, denn der Frauenanteil hier im Haus war bereits besser, in der 17. und 18. Wahlperiode leicht über 40 %. In den letzten Jahren haben wir uns verschlechtert und erreichen die 40% nun nicht mehr.

In 7 von 16 Bundesländern verbleibt der Frauenanteil in den Landesparlamenten gar unter 30%, dort haben Frauen also nicht mal die sog. kritische Masse erreicht.

In ganz Deutschland gab es noch nie ein Landes- oder Bundesparlament mit einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen.

In ganz Deutschland gab es noch nie ein Landes- oder Bundesparlament mit einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen. Und das, obwohl seit Jahrzehnten viele Menschen, Initiativen und Organisationen auf verschiedenen Wegen dafür kämpfen, die bestehenden männerdominierten Strukturen aufzubrechen und den Frauenanteil zu erhöhen.

Erst letzte Woche haben wir beobachten dürfen, wie bei der letzten Listenaufstellung der CDU in Sachsen-Anhalt genau EINE Frau unter den ersten 10 Kandidaten einen Listenplatz gefunden hat. Den Fraktionsvorsitzenden unserer CDU-Fraktion hier verleitete dieses Ergebnis zur Frage, ob in Sachsen-Anhalt wirklich alle Frauen über das passive Wahlrecht verfügten – eine gute Frage Herr Röwekamp.

Diese Listenaufstellung ist aber auch ein Beleg, dass ganz offensichtlich Freiwilligkeit eben nicht ausreicht, um männerdominierte Strukturen zu ändern – wir brauchen stattdessen endlich funktionierende Instrumente!

Wir müssen uns klar machen: Es gibt keinen automatischen liniearen Weg der Verbesserung der Frauenrepräsentanz in Parlamenten. Der Frauenanteil – und damit die demokratische Verfasstheit von Parlamenten – verbessert sich nur mit den richtigen Instrumenten. Neben der Verbesserung der Infrastruktur – also der besseren Vereinbarkeit von Familie und Mandatsausübung, bleibt als ein notwendiges Instrument das Paritätsgesetz.

Und wundert es denn noch jemanden hier, wenn auch in der Folge, überall dort, wo politische Entscheidungen notwendig und geboten sind, bei Fragen von Gender Pay Gap oder Repräsentanz in Aufsichtsräten oder Unternehmensvorständen, es eben keine notwendigen Entscheidungen gibt?

Laut Friedrich Merz ist man ja heute bereits Feminist, wenn man verheiratet ist und eine Tochter hat. Wir aber wissen, dass es dabei um viel mehr geht. Es geht um wirkliche Teilhabe und um Gerechtigkeit.

Für uns als Grüne ist die Gleichberechtigung Bestandteil unserer DNA.

Für uns als Grüne ist die Gleichberechtigung Bestandteil unserer DNA. Meine Partei hat jahrzehntelange gute Erfahrungen damit, Frauen durch paritätische Listen und Gremien für die aktive Parteiarbeit begeistern zu können. Die Bilanz kann sich nicht nur hier in Bremen sehen lassen. Zwei von drei Grünen Mitgliedern des Senats sind Frauen, zwei von drei Grünen Abgeordneten im Vorstand unserer Fraktion sind Frauen, die Grüne Fraktion stellt natürlich eine der beiden Vizepräsidentinnen und Bremen wird im Bundestag u.a. durch eine Abgeordnete der Grünen vertreten. Da gibt es ja in der Bremer Parteienlandschaft auch ganz andere Beispiele.

Die politische Rechte spricht im Zusammenhang bei diesen Themen immer von Gendergaga, aber wer das Grundgesetz bekämpft und die Inhalte eher aus der Ferne kennt, der kann auch mit den Werten wie Gleichberechtigung, Menschenwürde und Selbstbestimmung nichts anfangen.

Wir als Grünen-Fraktion fordern schon lange ein Paritätsgesetz, haben eine entsprechende Anhörung im Ausschuss für die Gleichstellung der Frau initiiert und legen nun gemeinsam als Koalition einen entsprechenden Antrag vor, der für Bremen und Bremerhaven Wege für ein Paritätsgesetz aufzeigen soll.

Natürlich haben auch wir zur Kenntnis genommen, dass es eine hochkomplexe Frage ist, wie wir zu einem verfassungskonformen Paritätsgesetz kommen können. Unser Antrag sieht deshalb eine Prüfung im Lichte der bisherigen Urteile aus Brandenburg und Thüringen vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Menschen sollten die Möglichkeit haben, in unserer Demokratie Politik gleichberechtigt mitzugestalten. Es geht dabei noch einmal nicht um irgendeine Bagatelle: Es geht um die gerechte Beteiligung von Frauen an unserer Demokratie und somit auch um eines unserer elementaren Grundrechte unserer Verfassung.

Meine Damen und Herren, der Weg zu einer verfassungskonformen Lösung ist nicht einfach. Dessen sind wir uns bewusst und dazu wird meine Kollegin Sülmez Dogan in ihrem Redebeitrag gleich noch weiter ausführen. Doch, meine Damen und Herren, davon lassen wir uns nicht abschrecken und wir wissen, dass wir viele Menschen hinter uns haben in dieser Frage. Lassen Sie uns alle gemeinsam daran arbeiten, dass dieser politischen Willensbekundung in naher Zukunft auch eine gesetzliche erfolgen kann.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Hier gibts den Antrag: https://www.gruene-fraktion-bremen.de/parlament/parlamentarische-initiativen/antrag-zeit-fuer-echte-gleichberechtigung-paritaet-in-bremer-parlamenten/

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