Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes zwei Jahre nach dem Inkrafttreten

Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) ist am 1. Juli 2017 in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist ein besserer Schutz vor Menschenhandel und Zwangsprostitution sowie eine Verbesserung der Situation der Frauen und Männer, die in der Prostitution tätig sind – insbesondere durch eine nachhaltige Stärkung des Zugangs zu Unterstützungs- und Beratungsangeboten. Für Prostituierte wurde eine
behördliche Anmeldepflicht eingeführt, die Wahrnehmung eines Informations- und Beratungsgesprächs und einer Gesundheitsberatung ist im Rahmen des Anmeldeverfahrens verpflichtend. Die Ausübung der Prostitution selbst bleibt weiterhin erlaubnisfrei. Erlaubnispflichtig wird mit dem Gesetz hingegen der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes, der nur noch amtlich zuverlässigen Personen erlaubt werden darf. Wer ein Prostitutionsgewerbe betreiben will, unterliegt nun umfangreichen gesetzlichen Pflichten hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz der beschäftigten Prostituierten.

Die im Gesetz vorgesehenen Pflichten für Prostituierte, insbesondere die Anmeldepflicht und die verpflichtende Gesundheitsberatung, wurden und werden von vielen Fachleuten aus juristischer, medizinischer, behördlicher, beratender und polizeilicher Perspektive kritisiert und als kontraproduktiv bezeichnet. Die Verpflichtungen könnten eher zu mehr Schutzlosigkeit führen, weil Betroffene sich ihnen entziehen würden, zum Beispiel wegen ihres ungeklärten Aufenthaltsstatus, und in der Illegalität noch gefährdeter und erpressbarer wären. Gleichwohl ist das Prostituiertenschutzgesetz selbstverständlich auch in Bremen und Bremerhaven vollumfänglich umzusetzen. Dies gilt erst recht für die Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten und für die damit verbundenen Überprüfungen von Bordellbetreibenden, da es sich hierbei unbestritten um wichtige Maßnahmen zum Schutz von Prostituierten handelt.

Mit der Kleinen Anfrage soll zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes der Umsetzungsstand in Bremen und Bremerhaven abgefragt werden. Eine entsprechende Anfrage ein Jahr nach dem Inkrafttreten wurde vom Senat auf Drucksache 19/1861 beantwortet.

Wir fragen den Senat:

  1. Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in Bremen und Bremerhaven? Soweit bestimmte Teile des Gesetzes noch nicht umgesetzt werden: Was sind jeweils die Gründe der Verzögerung und ab wann wird die Umsetzung erfolgen?
  2. Welche Kenntnisse hat der Senat über den Umsetzungsstand in anderen Bundesländern im Vergleich zum Land Bremen, etwa aus dem regelmäßig auf Einladung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend tagenden Bund-Länder-Gremiums zu Fragen der Umsetzung des ProstSchG?
  3. Wie viele Frauen und Männer haben in Bremen und Bremerhaven ihre Tätigkeit in der Sexarbeit angemeldet (bitte aufschlüsseln nach Stadtgemeinde, Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit, Bundesland des Wohnorts oder der Zustellanschrift)?
  4. In wie vielen Fällen wurde die Erteilung einer Anmeldebescheinigung verweigert und was waren die Gründe hierfür (bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben)?
  5. Wie viele Informations- und Beratungsgespräche (§ 8 ProstSchG) wurden bisher durchgeführt (bitte nach Monaten und Stadtgemeinde aufschlüsseln)?
  6. Wie viele gesundheitliche Beratungen (§ 10 ProstSchG) wurden bisher durchgeführt (bitte nach Monaten und Stadtgemeinde aufschlüsseln)?
  7. Mit welchen Wartezeiten auf Termine für die Informations- und Beratungsgespräche bzw. gesundheitlichen Beratungen haben Prostituierte in Bremen und Bremerhaven zu rechnen?
  8. Wie viele Prostitutionsgewerbe wurden in Bremen und Bremerhaven angezeigt (bitte aufschlüsseln nach Art des Gewerbes [Prostitutionsstätte, Prostitutionsfahrzeug, Prostitutionsveranstaltung oder Prostitutionsvermittlung] und Stadt- bzw. Ortsteil der angezeigten Gewerbeanschrift)?
  9. In wie vielen Fällen wurde eine Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes erteilt (bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben)?
  10. In wie vielen Fällen wurde die Erlaubnis mit Auflagen verbunden und welcher Art waren diese Auflagen (bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben)?
  11. In wie vielen Fällen wurde eine Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes versagt und was waren die Gründe hierfür (bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben)?
  12. Über wie viele Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis zum Betrieb eines Prostitutionsgewerbes ist noch nicht entschieden worden und was sind die Gründe hierfür (bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben)?
  13. Mit welchen Wartezeiten für den Erhalt einer Betriebserlaubnis haben Betreibende eines Prostitutionsgewerbes in Bremen und Bremerhaven zu rechnen?
  14. Wie viele Nachkontrollen (§§ 29 bis 31 ProstSchG) wurden bisher mit welchen Ergebnissen durchgeführt? Falls noch keine Kontrollen durchgeführt wurden: Ab wann sind in welcher Häufigkeit Kontrollen geplant (bitte getrennt für Bremen und Bremerhaven angeben)?
  15. Die Kostenverordnung der Verwaltung Wirtschaft und Häfen sieht bisher vor, dass für Kontrollen nach den §§ 29 bis 31 ProstSchG nur dann eine Gebühr erhoben werden kann, wenn die Kontrolle durch Beanstandung oder begründete Beschwerde erforderlich wird. Wie bewertet der Senat die Möglichkeit, auch für anlasslose Kontrollen eine kostendeckende Gebühr zu erheben?
  16. Welche Soll- und Ist-Personalausstattung (VZE) steht den beteiligten Behörden in Bremen und Bremerhaven für die Umsetzung des ProstSchG jeweils zur Verfügung?
  17. Wie viele Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 33 ProstSchG wurden eingeleitet beziehungsweise mit welchen Ergebnissen abgeschlossen (bitte entsprechend der Tatbestände nach § 33 ProstSchG aufschlüsseln)?

 

Björn Fecker, Dr. Henrike Müller,
Dr. Maike Schaefer und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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