Einen Überblick zur Kriminalitätslage in Bremen gibt die jährliche Polizeistatistik. Den Grünen reicht dies nicht. Sie fordern eine umfassendere Datenlage. Und legen dafür einen Gesetzentwurf vor.
Einmal im Jahr legt die Polizei mit ihrer Kriminalitätsstatistik einen Überblick zum kriminellen Geschehen in Bremen vor. „Reicht nicht“, sagt die Fraktion der Grünen. Zu ungenau und nicht aussagekräftig genug, um daraus ein wirkliches Bild zur Sicherheitslage ableiten zu können.
Die Grünen wollen daher in Bremen einen „periodischen Sicherheitsbericht“ einführen. Vorgelegt vom Senat, mindestens alle zwei Jahre. Keine neue Idee, auf Bundes- und vereinzelt auch auf Landesebene gab es so etwas schon. Doch die Grünen wollen diesen Sicherheitsbericht auch in Gesetzesform gießen. Auf Länderebene wäre Bremen damit Vorreiter.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) habe natürlich ihren Wert, sagen auch die Grünen. Um Erkenntnisse über die Häufigkeit der erfassten Straftaten sowie über Formen und Entwicklungstendenzen der Kriminalität zu gewinnen, sei sie unentbehrlich. „Aber in dieser Statistik werden immer nur bestimmte einzelne Punkte herausgegriffen. Sie gibt kein Gesamtbild wieder“, betont Björn Fecker, innenpolitischer Fraktionssprecher.
Außerdem handele es sich um eine reine Verdachtsstatistik. Aufgeführt würden lediglich die ermittelten Tatverdächtigen ohne abschließende rechtliche Würdigung.
Und es würden nur die polizeilich bekannt gewordenen Straftaten abgedeckt. Straftaten, die nicht angezeigt werden, das sogenannte Dunkelfeld, blieben damit komplett außen vor.
Auch erfasse diese Statistik keine oder keine hinreichend spezifischen Merkmale zu den Umständen der Tat oder den verwendeten Tatmitteln. Und bestimmte Bereiche, wie unter anderem Staatsschutzdelikte, Verkehrsdelikte oder auch Steuervergehen würden überhaupt nicht berücksichtigt.
Wissenschaftliche Erkenntnisse
Um wirksame Konzepte zur Kriminalitätsbekämpfung entwickeln zu können, müsse die Sicherheitslage deutlich klarer dargestellt werden, fordert Fecker. „Wir brauchen eine umfassendere Bestandsaufnahme der Kriminalitätslage.“
In die sollen neben den Statistiken von Polizei und Justiz auch wissenschaftliche Erkenntnisse, Bewertungen und Prognosen zu verschiedenen Bereichen der Kriminalität sowie Vorschläge zu ihrer Bekämpfung einfließen.
Durch Erforschung des Dunkelfeldes und Opferbefragungen solle das Lagebild der Kriminalität wissenschaftlich näher beleuchtet und um Erkenntnisse aus der Opferperspektive ergänzt werden.
Niedersachsen ist in dieser Hinsicht schon weiter. Dort hat das Landeskriminalamt (LKA) bereits 2013 und 2015 solche Befragungen durchgeführt, erklärt Hans Gehrmann, Pressesprecher des Innenministeriums.
„Die Erkenntnisse dieser von Beginn an auf Wiederholbarkeit angelegten Studie ergänzen die PKS um unmittelbare Erfahrungen der Bevölkerung, vervollständigen so das Bild von der Kriminalitätslage und schließen bisherige Erkenntnislücken.“
Die bisher letzte Befragung zum Dunkelfeld der Kriminalität führte die LKA Niedersachsen ab März 2017 durch. Im Rahmen der Vorstellung der Polizeistatistik 2017 wurden den polizeilich bekannt gewordenen Fallzahlen dann erstmals Befunde aus der Befragung zum Sicherheitsempfinden der Bürger gegenübergestellt.
Sicherheitsempfinden der Bürger
Natürlich würde so ein periodisch vorgelegter Sicherheitsbericht Geld kosten, räumt Fecker ein. Schließlich müssten die benötigten Untersuchungen und Befragungen in Auftrag gegeben werden. „Dafür haben wir dann aber auch eine fundierte und belastbare Datenlage statt wackeliger Statistiken.“
Dies sei nicht zuletzt auch hilfreich, um den Sorgen und Nöten der Bevölkerung künftig aussagekräftiger begegnen zu können, erklärt der Politiker der Grünen mit Blick auf das zuletzt häufig beklagte Auseinanderklaffen von objektiver Sicherheitslage laut Polizeistatistik und gefühltem Sicherheitsempfinden der Bürger.
Auch auf Bundesebene hat es bereits periodische Sicherheitsberichte gegeben, vorgelegt 2001 und 2006 von der Bundesregierung. Von einem „wichtigen Instrument der Politikberatung“ und einer „hilfreichen Quelle für die Praxis repressiver und präventiver Kriminalitätsbekämpfung“, sprach seinerzeit das Bundeskriminalamt.
Durchsetzen konnte sich dieser Ansatz trotzdem nicht. Was aus Sicht der Bremer Grünen daran liegt, dass die regelmäßige Erarbeitung dieser Berichte nach Regierungswechseln unterbrochen und nicht wieder aufgenommen wurde. Um „die notwendige Kontinuität und eine gleichbleibende Detailschärfe sicherzustellen“, wollen die Bremer Grünen die Berichterstattung gesetzlich verankern. „Nur so wird dieser Bericht unabhängig von politischen Konstellationen und Ränkespielen“, erklärt Fecker.
Den entsprechenden Gesetzesentwurf haben die Grünen ausgearbeitet. Darin enthalten ist neben den Paragrafen zum periodischen Sicherheitsbericht selbst und zu Fragen der Zuständigkeiten ausdrücklich auch ein Passus zu repräsentativen Bevölkerungsbefragungen als Ergänzung der polizeilichen Fallzahlen. Der SPD liege der Entwurf vor, sagt Björn Fecker, inhaltlich diskutiert habe man ihn jedoch noch nicht mit dem Koalitionspartner.
Autor: Ralf Michel